D-Tettnang/Radolfzell/Konstanz | Materialplanung mit Datenbanken, Fernwartung mit Datenbrille oder die Zusammenarbeit mit Assistenzrobotern – für die Arbeitswelt von morgen sind digitale Kompetenzen unerlässlich. Welche Fertigkeiten man braucht, welche Technologien zum Einsatz kommen und welche Chancen die Digitalisierung mit sich bringt, konnten Schülerinnen und Schüler in Tettnang, Radolfzell und Konstanz in den vergangenen Wochen im Lern-Truck der Initiative expedition d herausfinden.
Gebannt sitzen die Neuntklässler am Montfort-Gymnasium in Tettnang in Gruppen zusammen und blicken fragend auf ein Tablet – nicht im Klassenzimmer, sondern im Obergeschoss eines doppelstöckigen 40-Tonners. Plötzlich ertönt eine Roboterstimme, die einen Countdown herunterzählt und damit droht, per künstlicher Intelligenz (KI) das Netzwerk der Schule zu hacken. Was sich dramatisch anhört, ist ein Workshop, der den Jugendlichen die Bedeutung digitaler Kompetenzen vor Augen führen soll – gemeint sind etwa Kenntnisse in den Bereichen Kommunikation und digitale Zusammenarbeit, Medienkompetenz oder die Fähigkeit, digitale Technologien anwenden zu können. In diesem fiktiven Szenario im Stile eines sogenannten Escape Game müssen die Teilnehmenden verschiedene Aufgaben des digitalen Alltags innerhalb von 30 Minuten lösen, um den Angriff der KI abzuwehren.
Anlass dieser Übung war der Besuch der Initiative expedition d, das als Angebot des Bildungsprogramms COACHING4FUTURE im Mai zwei Wochen lang rund um den Bodensee unterwegs war. Möglich gemacht hatte die Tour eine Anfrage des regionalen Gesundheitsnetzwerks BioLAGO und seiner Fachkräfteinitiative „MINTful Future“. Die Initiative vernetzt (Nachwuchs-)Fachkräfte mit Unternehmen und Bildungseinrichtungen in der Region Neben dem Montfort-Gymnasium in Tettnang standen auch Tourstopps am Berufsschulzentrum in Radolfzell sowie am Ellenrieder-Gymnasium und am Heinrich-Suso-Gymnasium in Konstanz auf dem Programm.
Das Ziel der Aktion sei es, auf die Karrieremöglichkeiten im Bereich Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik und Technik (kurz: MINT) aufmerksam zu machen, um die Attraktivität dieser Berufsfelder zu stärken, berichtet Bettina Wahr, Projektleiterin der Fachkräfteinitiative „MINTful Future“: „Die Hightech-Branchen rund um den Bodensee profitieren enorm von der Digitalisierung und bieten zukunftssichere Arbeitsplätze. Durch Angebote zum Ausprobieren und Mitmachen wie hier im Truck, können wir Jugendlichen Orientierung bei der Berufswahl geben.“ Viele Unternehmen suchen ständig nach Fachkräften und bilden selbst aus. Wer an einem technischen Studium interessiert ist, aber noch nicht genau weiß, in welche Fachrichtung es gehen soll, dem bietet die Universität Konstanz zum Beispiel das Orientierungsstudium Go.MINt.
Im Inneren des Ausstellungsfahrzeugs warteten neben einer großen interaktiven Multimediawand verschiedene Arbeitsstationen zu Virtual Reality, Robotik, Sensorik, Coding und vielem mehr darauf, von den Schülerinnen und Schülern genutzt zu werden. Zwei Coaches begleiten die Jugendlichen auf ihrer Erkundungstour. Einer von ihnen ist der Biologe Benjamin Wiest, der das spielerische Entdecken und Lernen als ein wichtiges Merkmal betont: „Bei Workshops nutzen wir bewusst unterhaltsame und bei Jugendlichen beliebte Formate wie das Escape Game. Gerade diejenigen, die bei technischen Themen zurückhaltend sind, können wir auf diese Weise motivieren, Technologien wie maschinelles Lernen, Kryptografie oder kollaborative Robotik auszuprobieren“, so der Experte. So konnten die Mädchen und Jungen etwa mit Sensoren ein virtuelles Auto einparken oder mittels visueller Blockprogrammierung in Kombination mit Bewegungssensoren die Lichtanlage des Trucks neu programmieren.
Auch weil die Berufsorientierung ein sehr individueller Prozess ist, achten die Coaches darauf, ihren Vortrag und die Arbeitsaufträge gezielt an den Interessen der Teilnehmenden auszurichten. Die meisten der Schülerinnen und Schüler hatten zwar noch keinen genauen Berufswunsch, machten womöglich aber genau deshalb besonders aufmerksam und interessiert mit. Und das ist im expedition d-Truck auch nötig. Denn Bestandteil des didaktischen Konzepts ist ein hohes Maß an Eigeninitiative. Die Schülerinnen und Schüler beginnen ihren Besuch stets mit einer Einführung, bei der sie mit den Coaches erörtern, wie weit die Digitalisierung ihr tägliches Leben bereits durchdringt. Anschließend erhalten sie einen Arbeitsauftrag, etwa zur Entwicklung eines digitalen Pflegeassistenten oder eines digitalen Fitnessstudios. Die dafür nötigen Technologien wie Datenbanken, Verschlüsselungstechniken oder Coding müssen sie sich in der Ausstellung selbst erarbeiten und anschließend ihr Projekt präsentieren.
Mit der Initiative expedition d setzt sich die Baden-Württemberg Stiftung gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband SÜDWESTMETALL und der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit dafür ein, Schülerinnen und Schülern kurz vor dem Schulabschluss einen Eindruck davon zu vermitteln, wie die Digitalisierung die Arbeitswelt und Berufsbilder verändert. Das Angebot kann von weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg kostenfrei angefordert werden.